Guinea Bissau

Lage

Küstenland in Westafrika. Nachbarländer im Norden der Senegal, im Osten und Süden Guinea-Conakry.

Größe

36 125 km² (etwas größer als Belgien und etwas kleiner als die Schweiz), bestehend aus vorgelagerten Inseln und einem flachen Festland, das von 3 großen Flüssen durchzogen wird. Die Wasserfläche nimmt eine Fläche von ca. 8.000 km² ein. Der Salzwassereinfluss des Meeres (Gezeiten) erstreckt sich über Meeresarme und kleine Seitenarme bis zu 100 km ins Landesinnere.

Klima

subtropisch, Jahresdurchschnittstemperatur 26 °C; feuchtheiße Regenzeit von Mai bis Oktober. Unregelmäßige Regenfälle und zunehmende Trockenheit (Saheleinfluss) erschweren mehr und mehr den Anbau von Feldfrüchten im Osten des Landes.

Bevölkerung

ca. 2 Millionen, 18 Einw./km², 65% leben in kleinen Dörfern mit weniger als 200 Einwohnern, pro Haus meist bis zu 9 Personen; 60 % der Bevölkerung ist jünger als 25 Jahre, das Durchschnittsalter der Bevölkerung liegt bei 19,1 Jahren.

Bevölkerungswachstum

2,5 % (in Deutschland 0,05 %). Ein Grund für das hohe Bevölkerungswachstum ist das Fehlen einer staatlich geregelten Alterssicherung. Die Versorgung im Alter ist ausschließlich durch vorhandene Kinder gewährleistet.

Ethnien

es gibt 25 ethnische Gruppen mit jeweils eigenen Sprachen und Gebräuchen.
Die größten Gruppen sind mit ca. 28 % die Fula/Fulbe (Muslime mit patriarchalischem Gesellschaftssystem) und mit ca. 22 % die Balante (vorwiegend Anhänger von Naturreligionen, in Altersgruppen organisiert).

Sprachen

Portugiesisch als Amtssprache (sprechen 30 % der Bevölkerung), Criol/Kreol als Verkehrssprache (sprechen ca. 65 %), sehr unterschiedliche Stammessprachen.

Alphabetisierung

ca. 45 %; Die durchschnittliche Schulbesuchszeit liegt bei 2,8 Jahren.

Bildungswesen

es bestehen staatliche und konfessionelle Schulen; weiterführende Schulen sind hauptsächlich in der Hauptstadt Bissau angesiedelt; derzeit gibt es 6 Universitäten, deren Niveau aber nicht mit europäischem Standard vergleichbar ist. Das zu entrichtende Schulgeld macht für viele Familien den Schulbesuch ihrer Kinder unerschwinglich. 

Währung

Franc CFA (650 CFA entsprechen 1,00 Euro), in Währungsunion mit vielen anderen westafrikanischen Ländern.

Religion

30% Naturreligionen, 50% Muslime (sunnitischer Islam), ca. 15% Christen.

Gesundheitssystem

(die Zahlen sind unsicher, da die statistischen Angaben meist auf Schätzungen basieren):

  • durchschnittliche Lebenserwartung bei ca. 60 Jahren
  • Müttersterblichkeit: 7 Frauen auf 1000 Lebendgeburten
  • Kindersterblichkeit bis zum 5. Lebensjahr liegt bei ca. 10 %, das heißt jedes 10. Kind stirbt vor Erreichen des 5. Lebensjahres, v.a. an Malaria, Atemwegsinfekten, Durchfallserkrankungen
  • Geburtenrate: 4,8 Kinder pro Frau
  • Bevölkerungswachstum: 2,4 % pro Jahr
  • etwas 7-10 Ärzte auf 100.000 Einwohner

Aufbau des Gesundheitssystems vertikal:
Kleinste Einheit: Basisgesundheitsstation des Dorfes, besetzt mit 2 Basisgesundheitshelfern mit Minimalausbildung für Behandlung einzelner Erkrankungen
Mittlere Einheit: Gesundheitszentrum, zuständig für Gruppe von Dörfern mit einer Bevölkerung bis zu 1000 Einwohnern, besetzt mit 2 ausgebildeten Krankenpflegern oder – schwestern
Regionalkrankenhaus oder auch Zentralkrankenhaus der Hauptstadt mit Operations-möglichkeiten und wenigstens einem Arzt besetzt

Regierungsform

Präsidialrepublik, seit 1991 mit Mehrparteiensystem. Die Nationalversammlung mit 100 Deputierten hat nur geringe Befugnisse. Machtmittelpunkt ist der Präsident. Guinea-Bissau wird im internationalen Demokratieindex 2019 als „autoritäres Regime“ eingestuft.

Wirtschaft

Guinea-Bissau gehört mit einem Prokopfeinkommen von weniger als 200 $ pro Jahr zu den 10 ärmsten Ländern dieser Welt. 75% der Bevölkerung arbeiten in Selbstversorgung (Subsistenz) in der Landwirtschaft. Es wird Reis, Mais, Hirse, Maniok, Süßkartoffel, Zuckerrohr angebaut, was aber den Landesbedarf nicht deckt.  Als Exportfrüchte werden Cashewkerne, Erdnüsse und Palmölkerne genutzt.

Der Cashewanbau ist in den 10 letzten Jahren in allen Landesteilen zu Lasten der wichtigen Waldflächen und der sonstigen landwirtschaftlichen Nutzflächen stark erweitert worden und liegt derzeit bei ca. 300.000 ha. Jährlich werden ca. 150. bis 200.000 Tonnen Rohnüsse nach Indien oder Vietnam verschifft und dort verarbeitet. Guinea-Bissau ist damit ein Großexporteur von Cashewnüssen in Afrika. Mit über 90 % der dadurch erzielten Exporteinnahmen ist das Land wirtschaftlich total abhängig von dieser die Bodenfruchtbarkeit zerstörenden Monokultur.

Guinea-Bissau besitzt eine Reisanbaufläche von ca. 1,4 Mio. ha, wovon aktuell nur 400.000 ha genutzt werden. Wegen fehlender Düngung und angepassten Pflanzenschutzes sind die Erträge meist niedrig, wohingegen der Anbauaufwand mittels Handarbeit sehr hoch ist. Da eine Tieranspannung wie in Asien in Westafrika wegen der Tse-Tsefliege nicht möglich und ein Maschineneinsatz nicht finanzierbar ist, sind zunehmend weniger junge Männer bereit, die schwere Arbeit in den malaria-verseuchten Sumpfreisanbaugebieten auszuführen.

Derzeit deckt Guinea-Bissau mehr als 50 % seines Reisbedarf durch Importe aus Asien.

Lizenzen für den Fischfang vor der Küste wurden in den letzten Dekaden großzügig vergeben, so dass der ehemalige Fischreichtum im Küstengebiet stark dezimiert wurde.  Die traditionellen Fischer können kaum noch den Eigenbedarf decken, obwohl Fisch für die Küstenbewohner die wichtigste Proteinquelle darstellt.

Geschichte (n.Chr.)

Der Osten des Landes war Teil des Königreiches Kabuu (Fulbe). Durch die Ausdehnung ihres Besiedlungsgebietes wurden nicht islamisierte Volksstämme, die aus dem Inneren Afrikas eingewandert waren, in die Mangrovensümpfe am Meer verdrängt, was zur Urbarmachung des stark mit Malaria verseuchten Küstengebietes führte.

1446

Gründung der ersten portugiesische Niederlassung durch Seefahrer und Händler (Festung in Cacheu). Ab ca. 1510 Beginn der Verschleppung von jungen, vor allem männlichen Arbeitskräften (Sklaven) nach Amerika – insgesamt wurden ca. 30 Millionen Afrikaner über den Atlantik gebracht, wobei viele schon bei der unter menschenunwürdigen Bedingungen stattgefundenen Überfahrt gestorben sind.  Für die Zurückbleibenden bedeutete der Verlust ihrer jungen Familienangehörigen Hungersnot und Verarmung, ein Trauma, das bis in unsere heutige Zeit seine Auswirkungen zeigt und die Entwicklung des Landes stark hemmt.

1885

Erklärung zur portugiesischen Überseeprovinz und damit Rohstofflieferant für Portugal. Export von Reis, Fisch, Holz, Erdnüssen, Palmöl, Honig, u.a. (durch Einführung einer hohen Kopfsteuer wurden die Naturalabgaben und somit die Ausbeutung gesichert); harte Strafen und Hinrichtungen bei Verweigerung oder Missachtung der Vorgaben der Kolonialbeamten. Bis zur Unabhängigkeit wurde das Land systematisch ausgebeutet, ohne eine bleibende Infrastruktur oder ein Bildungssystem (Alphabeti-sierung) für die Bevölkerung aufzubauen.

1956

Gründung einer Einheitspartei zur Befreiung von Guinea-Bissau und der Kapver-dischen Inseln (PAIGC). Angebote für einen friedlichen Übergang in die nachkoloniale Zeit, wie sie in den Nachbarstaaten stattfanden, wurden von der portugiesischen Staats-macht (Diktator Salazar) abgelehnt.

1963-1974

Unabhängigkeitskampf (unterstützt vom Ostblock, Cuba, Schweden). In der Hochphase des Krieges waren ca. 35.000 portugiesische Soldaten in stark befestigten Lagern (Quartels) in ganz Guinea-Bissau stationiert. Die Bevölkerung musste die Soldaten ernähren und wurde dadurch extrem ausgebeutet. Als absehbar war, dass der Kampf gegen die Befreiungsbewegung und die Bevölkerung nicht zu gewinnen war, schlug General Spinola den Rückzug der Truppen aus Guinea-Bissau vor, wobei zuvor dessen Infrastruktur weitgehend zerstört wurde. Straßen, Brücken, Fähren, usw. wurden gesprengt und ein zerstörtes Land hinterlassen – ganz im Gegensatz zu den umliegenden Ländern (Senegal, Guinea-Conacry, Mali), die bereits 1960 von den Franzosen friedlich in die Hände der Afrikaner übergeben worden waren.

1973 wird Amilcar Cabral (Bildmitte), der Führer der Unabhängigkeitsbewegung, von der portugiesischen Geheimpolizei (bis heute nicht geklärt) ermordet.

24.9.1973 einseitige Ausrufung der Unabhängigkeit durch die Befreiungsbewegung PAIGC.

1974  

Die friedliche Nelkenrevolution in Portugal führte zur Absetzung der Diktatur in Portugal und zur Anerkennung der Unabhängigkeit der ehemaligen portugiesischen Überseeprovinzen (Guinea-Bissau, Kapverdische Inseln, Angola, Mozambique, Sao Tomé e Príncipe).   Unter Luis Cabral erfolgte in Guinea-Bissau der Zusammenschluss Guinea-Bissaus mit den Kapverdischen Inseln und der Versuch des Aufbaus neuer Strukturen.

1980

Militärputsch unter Führung des ehemaligen Guerillakämpfers Nino Vieira. Bruch mit den Kapverdischen Inseln und eine stärkere Öffnung zum Westen hin, um großzügige Entwicklungshilfegelder zum Aufbau des Landes zu erhalten.  Festschreibung des Einparteienstaats mit der Führungsrolle der PAIGC.

1998-1999 

Militärrebellion, Machtkampf um die Finanzen und Bürgerkrieg, ca. 5000 Menschen sind dabei gestorben;

2004, 2008, 2014 und 2019 

fanden weitgehend freie Wahlen statt; jedoch besteht weiterhin eine instabile politische Situation (weitere Informationen unter wikipedia.org).